Anfang September tauschte unser Kamerad, Jugendwart und 2. Vereinsvorstand Jeremy eine Woche lang seinen Arbeitsplatz am Büroschreibtisch mit einem Sitzplatz im Klassenraum der Staatlichen Feuerwehrschule Regensburg.
Normalerweise finden wir unseren Jugendwart im zivilen Leben als HR Manager des IT SaaS Unternehmens Wikando GmbH am Schreibtisch beim Rekrutieren und Managen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Arbeitgebers. Doch Anfang September stellte die Wikando Jeremy für eine Woche frei, um ihm damit den wichtigen Lehrgang zum Gruppenführer in der Feuerwehr zu ermöglichen. Auch wenn das Bayerische Feuerwehrgesetz für solche Lehrgänge einen grundsätzlichen Freistellungsanspruch der Feuerwehrdienstleistenden vorsieht, ist es doch besonders lobenswert, wenn ein Arbeitgeber wie die Wikando GmbH dies auch von sich aus gerne macht, um dieses wichtige Ehrenamt zu Fördern und zu Unterstützen.
Wie so eine Lehrgangswoche aussieht und wie knackig Übungen sein kann, beschreibt uns Jeremy in seinem Bericht aus Regensburg.
Tag 1 – Anfahrt, Corona und Rechtskunde
Am Montag, dem 07.09.2020 war es nach (mehrjähriger!) Wartezeit endlich so weit, nach der Ankunft in Regensburg galt es die Feuerwehrschule in Lappersdorf zu finden. Ein großes Backsteingebäude sowie ein aufälliges Übungsgelände zeigte; „hier bist Du richtig!“. Nach der Anmeldung ging es dann bereits in die modernen und schönen Einzelzimmer. Aufgrund der Corona Situation war der Ablauf auch in der Feuerwehrschule etwas verändert. So mussten im Gebäuden stets Masken getragen werden, zahlreiche beliebte Freizeiteinrichtungen, wie Kegelbahn und Tischkicker waren ebenfalls tabu. Im Unterrichtsraum konnten die Mund-Nase-Bedekungen dann jedoch am Platz abgelegt werden, da hier der Mindestabstand sowie stetiges Lüften eine dauerhafte Maskenpflicht obsolet machten. Inhaltlich war es am ersten Tag natürlich etwas trocken wenngleich wichtig: Rechtskunde war angesagt und forderte trotz teils langer Anreise der Klassenkameraden hohe Aufmerksamkeit. Trotz allem waren wir alle froh, als es gegen 17 Uhr dann zum Feierabend und Abendessen in die Kantine ging. Den Abend ließen wir dann – unter Berücksichtigung der Abstandregelungen – unter freiem Abendhimmel ausklingen.
Tag 2 – Es wird ernst
Nach einer kurzen aber ungewohnt erholsamen Nacht startete der zweite Tag mit Gefahren an der Einsatzstelle sowie interessanten Themen aus der Einsatztaktik bei Bränden. Nach diesem theoretischen Teil ging es dann endlich in die mit Spannung erwarteten Plan- und Einsatzübungen. Exkursion Planübungen: Hierbei werden auf einer Modellanlage (ähnlich einer Modellbahn) Einsatzszenarien erstellt, die dann durch den Teilnehmer möglichst realistisch abgearbeitet werden müssen. Dabei ist es nicht nur wichtig den Funkverkehr ordentlich umzusetzen, sondern auch sein Fahrzeug und Einheiten richtig und taktisch zu plazieren.
In den folgenden Einsatzübungen ging es dann richtig zur Sache. Auf dem weitläufigen Übungsgelände wurden kleinere Einsatzlagen simuliert um uns Schüler langsam an die Situationen und Anforderungen zu gewöhnen. Ein besonderer Schwerpunkt lag in der korrekten und vor allem umfangreichen und stetigen Erkundung der Einsatzstelle getreu dem Motto „Drunter, Drüber, Drumherum“. Dabei überlegten sich die Ausbilder immer wieder kleinere Gemeinheiten, wie das „verstecken von Verletzten“, um das Erkunden wirklich in Fleisch und Blut übergehen zu lassen. Auch wenn keiner der Gruppenführeraspiranten fehlerfrei die Einsatzübungen schaffte, war es doch ein enormer Lerneffekt. Auch am zweiten Tag konnten wir den Abend wieder gemeinsam unter freiem Himmel ausklingen lassen.
Tag 3 – Von Schere und Spreizer zum vorbeugenden Brandschutz
Am Mittwoch ging es dann erst mal wieder auf der Schulbank weiter. Als Unterrichtsthemen beschäftigten wir uns erst mit der Einsatztaktik im Technischen Hilfeleistungseinsatz sowie im Anschluss mit Baustoffen und Bauteilen sowie dem vorbeugendem Brandschutz und dem Einsatzplan für Objekte. Auch die bei Feuerwehrangehörigen besonders beliebte, da häufig ohne Grund auslösende, Brandmeldeanlage war Gegenstand der Ausbildung am Vormittag und der Praxiseinheit auf dem Hof. Nach einem leckeren Mittagessen ging es dann in den zweiten Praxisteil. Erst standen wieder Planübungen auf der Agenda welche dann durch deutlich anspruchsvollere Einsatzübungen als am Vortag im Gelände der Feuerwehrschule abgerundet wurden. Wieder zeigte sich, wer nicht sauber erkundet bekommt die „Strafe“. Was in der Realität Menschenleben kosten kann, kostete im Übungsgeländer Schmunzeln der anderen Lehrgangsteilnehmer, wenn statt Menschenrettung die Brandbekämpfung befohlen wurde und nur Sekunden später laut krachend die Übungspuppe aus dem Fenster der brennenden Wohnung sprang und auf der Straße aufschlug. Nach diesen Eindrücken ging es dann in den ersehnten Feierabend.
Tag 4 – Üben, Üben, Üben
Der Vormittag des vorletzten Übungstages stand ganz im Zeichen von praktischen Einsatzübungen. Jetzt wurde das komplette Register gezogen, vom Verkehrsunfall über den Drachen in der Stromleitung, einer Person die vom Dach zu springen droht bis zum Brand in einem Haus. Wieder hatten sich die Lehrgangsleiter knackige Szenarien für uns ausgedacht. Und wieder wurde bis ins kleinste Detail ausgewertet, ob wir das gelernte auch richtig umsetzen.
Nach der ganzen Überei fand dann am Nachmittag noch mal die abschließende Theorie statt. Dabei standen Einsatztaktik, Löschmittel sowie die Arbeit mit der Integrierten Leitstelle und Einsatztaktik im ABC Einsatz auf dem Lehrplan. Diesmal gingen wir wohl alle mit einem mulmigen Bauchgefühl in die Zimmer, da am Freitag der Abschlusstest anstand.
Tag 5 – Es wird ernst
Gespenstisch still war es am Freitagmorgen im Lehrgangssaal. Gespannt warteten alle Teilnehmer auf die Prüfungsfragen des schriftlichen Test. Über sechzig Fragen aus dem gesamten Feuerwehrwesen in Ergänzung mit den neu erlernten Themen der letzten Tage galt es zu beantworten. Erfreulich: Alle Teilnehmer konnten sich am Nachmittag über ein Zeugnis und die erfolgreich bestandene Prüfung zum Gruppenführer freuen und die Heimreise antreten.
Fazit: Leider sind die Lehrgangsplätze an den staatlichen Feuerwehrschulen sehr rar und begehrt. Für mich war es ein einmaliges Erlebnis und der erste große externe Lehrgang bei einer Feuerwehrschule. Das Wissen und vor allem auch die Praxis, welche hier vermittelt wird, ist für den korrekten und sicheren Einsatz in der Wehr Zuhause unersetzlich. Mit vielen Eindrücken und Ideen für die nächsten Übungsabende und Hauptübungen konnte auch ich am Freitagabend wieder meine Heimat genießen.